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Otto Scholderer

Maréchal – Niel Rosen in einer Glasvase, nach 1871

Öl auf Karton
39,533,5

Signiert unten rechts: Otto Scholderer

Ein Etikett des Londoner Rahmenmachers Chapman Bros.1, welches auf der Originalrahmung erhalten ist, lässt die Datierung des Gemäldes auf die Zeit nach Scholderers Umzug nach London 1871 zu. Unfreiwillig hatte der Künstler aufgrund des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 Paris, dass ihn in seiner künstlerischen Entwicklung maßgeblich prägte, Richtung London verlassen müssen. Bereits in seinen ersten, in pastoser Maltechnik ausgeführten Stillleben schlichter Alltagsobjekte aus den frühen 1860er Jahren ist der Einfluss der ersten Parisreise von 1857 bis 1858 sowie die Bekanntschaft mit Gustave Courbet2 bei dessen Aufenthalt in Frankfurt deutlich zu erkennen. Das intellektuelle Umfeld, in dem sich Scholderer in der Folge bei seinen zahlreichen Parisaufenthalten bewegte, ist eindrucksvoll in dem Gemälde „Un atelier aux Batignolles“3 – Manets Atelier – seines Freundes Henri Fantin-Latour festgehalten, in dem auch Scholderer dargestellt ist. Es war diese Generation von Malern, die in Ablehnung der alteingesessenen akademischen Vorstellungen ihrer Zeit im Stillleben das Malerische schlechthin fanden. Ganz die Farbe bejahend, lässt Scholderer die gelben Niel-Rosen ihre Pracht entfalten, wobei die Leuchtkraft der Blüten durch den kontrastierenden dunklen Hintergrund gesteigert wird. Mit einem verwegenen Strich fängt der Künstler die Lichtreflexion auf der filigran wiedergegebenen Vase ein, die sich von der schwarzen Tischplatte abhebt. Die pastose Malweise transportiert einen lebendigen Eindruck der spontan fallenden Rosen, andererseits lässt uns die Isoliertheit der Komposition mit den verschiedenen Stadien der Blüte das Fortdrängen der Zeit spüren und somit auch die Vergänglichkeit.


  1. Chapman Bros London. Carvers and Gilders, picture framemakers. 251 King’s Road, Chelsea. 1874–1917.

  2. Gustave Courbet (1819 Ornas – 1877 La Tour-de-Peilz) war der bedeutendste Vertreter der Strömung des Realismus in der französischen Malerei und hielt sich 1858/59 in Frankfurt auf.

  3. Henri Fantin-Latour, „Un atelier aux Batignolles“, 1870, Öl auf Leinwand, 204 x 273,5 cm, Musée d’Orsay, Paris, Inv. Nr. RF 729. Dargestellt sind neben Manet, den Scholderer 1868 kennengelernt hatte, unter anderem Claude Monet, Auguste Renoir, Frédéric Bazille und Emil Zola.

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